Traurigkeit
Traurigkeit ist nicht „unreif’“ oder „irrational“, sondern ein Teil eines natürlichen Versuchs, unsere Quelle der Geborgenheit und Sicherheit zu behalten.
Zu Lieben bedeutet alle Emotionen zu fühlen und unser Partner*in damit nicht alleine zu lassen.
Liebe - also ein tiefes emotionales Band, das wir zu einem anderen Menschen aufbauen - ist keine Emotion an sich, sondern beinhaltet alle Emotionen. Wenn jemand uns wichtig ist, dann löst das starke positive und starke schmerzhafte Emotionen aus:
- Wir freuen uns, wenn wir unseren Lieblingsmenschen sehen
- Wir haben Angst, unseren Lieblingsmenschen zu verlieren
- Wir sind traurig, wenn wir unseren Lieblingsmenschen verlieren
All diese Emotionen signalisieren, dass unsere Lieblingsmenschen uns wichtig sind - dass wir ein tiefes emotionales Band mit ihnen haben - und drücken zugleich ein spezifisches Bedürfnis aus.
Traurigkeit ist eng mit Verlustgefühlen verbunden.
Wenn jemand oder etwas uns wirklich wichtig ist, dann löst der Verlust ein tiefes emotionales Leid aus. Dieser Verlust kann vollständig und unwiderruflich sein, wie es etwa bei Trennung, Tod oder unerwiderter Liebe ist. Dieser Verlust kann auch der Verlust eines Teils der Beziehung sein. Wir können traurig sein, wenn wir einen Qualitätsverlust in der Beziehung auf irgendeiner Ebene wahrnehmen, wie es bei dem Verlust von Harmonie, Nähe oder Freude der Fall sein kann.
Trauer als normale und angepasste Reaktion auf Verlust
Der britische Psychiater, John Bowlby, hat Traurigkeit als erster Psychiater in einer evolutionären Bindungsrahmen gestellt und diese als normale und sogar angepasste, hilfreiche Reaktion beschrieben. Der Mensch als Bindungswesen ist bestrebt, emotionale Bindungen aufzubauen und zu erhalten. Dadurch wird heutzutage eine Trauerreaktion nicht mehr als „unreif’“ oder „irrational“ gesehen, sondern als Teil eines natürlichen Versuchs, unsere Quelle der Geborgenheit und Sicherheit zu behalten (Kallos-Lilly & Fitzgerald, 2016). Trauer kann ein Versuch sein, der Bindung zurückzuholen und, wenn dies nicht gelingt, den Verlust zu verarbeiten.
Traurigkeit kann sich durch Weinen, Schluchzen, wütend protestieren und einem Ausdruck der Sehnsucht und Verzweiflung durch Verstummen oder laut werden ausdrücken.
Traurigkeit braucht Anerkennung
Der Beistand und die emotionale Einstimmung von anderen während eines Trauerprozesses kann deutlich helfen. Dabei ist es wichtig zu realisieren, dass es zumeist wenig hilfreich ist, wenn andere unsere Traurigkeit vertreiben und wegwischen wollen. Beispielsweise indem wir sagen „Es war nur eine Fehlgeburt. Du wirst doch wieder schwanger werden“. Bei Traurigkeit ist echte Empathie angesagt: „Deine Traurigkeit wegen der Fehlgeburt kann ich verstehen“. Hierzu ein hilfreiches Video...