In 32 Ehejahren habe ich meinen Mann nie wirklich begehrt. Vor ein paar Jahren verliebte ich mich in einen anderen Mann und hatte bzw. habe eine sexuelle Beziehung zu ihm. Und nun verstehe ich erst warum alle von Sex reden! Und seitdem habe ich eine richtige Abneigung, wenn mein Mann mich berührt. Trotzdem will ich mit meinem Mann alt werden und mich nicht trennen. Frage ist, ob und wie es möglich ist mich meinem Mann wieder anzunähern, dass Sex mit ihm wieder möglich ist? Und vielleicht sogar richtig Spaß macht?
Mein Mann weiß, dass da mal mit einem anderen was lief. Er weiß auch, dass ich mich nie wirklich zu ihm hingezogen fühlte. Das ganze Ausmaß weiß er nicht. Er leidet trotzdem wie Hund. Wir verstehen uns sonst gut, unterstützen einander und streiten kaum. Aber ein Leben ohne Sex kann sich weder er noch ich uns vorstellen. Ich bin in einem Dilemma und daher meine Frage.
Ein sicherer emotionaler Hafen
Das muss wirklich schwer für dich und euch sein. Wenn wir dich gut verstehen, liebst du deinen Mann und willst mit ihm alt werden, und ein Teil in dir erhofft, in Zukunft Sex mit ihm zu haben, der auch Spaß macht. Gleichzeitig befriedigt eure Sexualität und Intimität dich schon lange nicht, und ein Teil von dir spürt sogar Abneigung, wenn dein Mann dich berührt.
Du stellst wirklich wichtige Fragen. Fangen wir mit der ersten an: „ob und wie es möglich ist mich meinem Mann wieder anzunähern?‟ Was wesentlich ist, um uns unserem Partner annähern zu können, ist, dass wir uns von ihnen gesehen, verstanden und akzeptiert fühlen und spüren, dass sie uns genauso brauchen, wie wir sie. Wie ist das zwischen euch? Fühlt ihr miteinander mit und fühlt eure Beziehung sich an wie ein sicherer emotionaler Hafen? Spürt ihr, dass ihr für einander emotional ansprechbar, responsiv und engagiert seid – nicht für eure gemeinsamen Projekte, sondern wirklich nur für euch als zwei Menschen?
Wenn das nicht der Fall ist, wäre das der erste Schritt: herauszufinden, was euch davon hält, emotional für einander dazusein. Die Wissenschaft über die erwachsene Liebe nennt das auch Koregulation – das ist die „Hauptaufgabe“ von uns Liebenden in einer Bindungsbeziehung, die wir alle brauchen unser gesamtes Leben lang. Tiefe Empathie und Gesehenwerden kann die Tür zu Nähe und Intimität öffnen – und manchmal tauchen dann tiefere Themen wie Verletzlichkeiten und Ängsten in uns Menschen auf, die aus unserer früheren Bindungsgeschichte herrühren.
LOVE-Gespräch
Ihr könnt euch z. B. den TED-Talk von Sue Johnson zum Thema Sex zusammen anschauen und dann ein LOVE-Gespräch haben, worin ihr über eurer Bedürfnisse in Bezug auf Sexualität und Intimität zu sprechen beginnt. Z. B. das Bedürfnis nach körperliche Nähe, nach erotisches Spiel, nach der Sicherheit, nicht als Versager dazustehen oder sich peinlich zu fühlen, nach gespürter emotionaler Verbundenheit, ohne Leistungsdruck und Angst. Vielleicht seid ihr in Vergangenheit in ein Muster von Verfolgen und Zurückziehen gerutscht und könnt mit dem Worksheet herausfinden, wie dieses Muster aussah und eine Idee davon bekommen, wie ihr vielleicht statt ein negatives Muster ein positives Muster gestalten könnt. Es kann auch sein, dass einer von euch oder beide in Vergangenheit schwierige oder schmerzhafte Erfahrungen mit Sexualität gemacht hat, was das negative Muster im Gang gebracht oder verfestigt hat. Wenn das der Fall ist, ist es gut in eurem LOVE-Gespräch über dieser wunden Punkte zu reden. Falls es nicht klappt, um eure Liebesbeziehung als sichere Oase zu gestalten, könnt ihr euch überlegen, Unterstützung von einer EFT Paartherapeut*in in Anspruch zu nehmen oder ein Hold Me Tight Paarseminar zu besuchen.
Ob Sex wieder möglich ist?
Und dann zu deiner zweiten Frage: „… ob Sex mit ihm wieder möglich ist? Und vielleicht sogar richtig Spaß macht?‟ Ob das der Fall ist, können wir euch nicht sagen. Das könnt ihr nur zur Zweit herausfinden. Was wir aber von Paaren wissen, ist, dass wenn wir uns emotional nah sind und uns sicher miteinander fühlen, es viel einfacher ist, über unsere schwierigen und manchmal sogar unlösbaren Probleme zu reden z. B. wenn einer von euch viel mehr Zeit und Energie mit Sexualität und Intimität verbringen möchte als der andere. Wir raten euch, da offen zu sein und in einem LOVE-Gespräch über Alternative zu reden – zu erforschen, inwieweit diese sich für euch beide sicher anfühlen, so dass ihr nicht in ein negatives Muster fällt, wo du deine Bedürfnisse aus der Beziehung auslagerst, und dein Partner wie ein Hund darunter leidet, sondern wo ihr für einander sorgt, und keiner von beiden sich ungesehen und allein fühlt und Angst hat, die Beziehung zu verlieren.
Wir wünschen euch beiden von Herzen alles Gute!
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